Revival
Nach so vielen WG-Exzessen grausiger Art möchte ich in der Blog-History etwas weg von Meckern à la Vienne kommen. Gibt es nicht so viele nette Dinge auf der Welt, über die man schreiben könnte? Zum Beispiel über meinen kleinen Ausflug in den Osten, an den Rand Europas, an die Kante, Kippe der westlichen Zivilisation, dorthin, wo einst die Jungfrau Io in die Wellen stürzte, in eine Kuh verwandelt, dennoch von einer Bremse verfolgt, gesandt von Hera, erzürnt über ihren Gatten Zeus, der sie mit Io betrogen hatte. Ja, wahrlich ein Ort, an dem sich Geschichte abspielte: der Bosporus, zu Deutsch "Rinderfurt" - genau hier also sprang das Rind Io todesmutig und angsterfüllt von Europa nach Asien, um dem Zorn der eifersüchtigen Muttergöttin zu entfliehen - und hier war ich 5 Tage lang, hin- und hergerissen zwischen antikem Byzantium, christlichem Konstantinopel und modernem Istanbul, Europas zukünftiger Kulturhauptstadt 2010. Nach Vorbild des alten Roms in Italien wurde Roma Nova auch auf sieben Hügeln erbaut und verwandelte sich nach 1100 Jahren als Hauptstadt des römischen Reiches mit der Erbauung von sieben Moscheen auf eben jenen Hügeln für fast 500 Jahre lang in die Hauptstadt des osmanischen Reiches.
Wir schreiben das Jahr 2007: ein Grüppchen wackerer Biochemiker und Zellbiologen macht sich auf den Weg, die nunmehrige Nicht-Hauptstadt wissenschaftlich zu erobern. Die ersten Tage vergehen in Wonne und Seligkeit: man schmaust und trinkt und säuft und frisst, zwischendurch lässt man sein Geld bei eifrigen Händlern am Bazar oder in den unzähligen Souvenirshops im Austausch gegen Teppiche, orientalische Schalen, Tabak, Turk Kahvesi, Apfeltee und Süßwaren zurück. Erst mit der angepeilten wissenschaftlichen Konferenz flackert ein Fünkchen Unmut auf, das in einen wahren Flammenherd aus Enttäuschung und Verärgerung übergeht: die als innovativ und einzigartig präsentierten Forschungsergebnisse der örtlichen Gastgeber erweisen sich als seit 30 Jahren überholt und Bekehrungsversuche münden in peinlicher Verteidigung der vermeintlichen Errungenschaften. Das eintägige Symposium kristallisiert in beidseitigem Misstrauen aus, wird aber vom abendlichen Festschmaus, getränkt mit mehreren Litern Raki, in Vergessenheit gestürzt.
Wir schreiben das Jahr 2007: ein Grüppchen wackerer Biochemiker und Zellbiologen macht sich auf den Weg, die nunmehrige Nicht-Hauptstadt wissenschaftlich zu erobern. Die ersten Tage vergehen in Wonne und Seligkeit: man schmaust und trinkt und säuft und frisst, zwischendurch lässt man sein Geld bei eifrigen Händlern am Bazar oder in den unzähligen Souvenirshops im Austausch gegen Teppiche, orientalische Schalen, Tabak, Turk Kahvesi, Apfeltee und Süßwaren zurück. Erst mit der angepeilten wissenschaftlichen Konferenz flackert ein Fünkchen Unmut auf, das in einen wahren Flammenherd aus Enttäuschung und Verärgerung übergeht: die als innovativ und einzigartig präsentierten Forschungsergebnisse der örtlichen Gastgeber erweisen sich als seit 30 Jahren überholt und Bekehrungsversuche münden in peinlicher Verteidigung der vermeintlichen Errungenschaften. Das eintägige Symposium kristallisiert in beidseitigem Misstrauen aus, wird aber vom abendlichen Festschmaus, getränkt mit mehreren Litern Raki, in Vergessenheit gestürzt.
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