Am Scheideweg
Es gibt sie, jene Momente, die bewirken, dass ab ihrem Eintreten so manches anders ist als vorher, und wenn man sich ihrer gewahr wird, besteht die Möglichkeit, bewusst über die Veränderung nachzudenken, während sie im Begriff ist, sich zu entfalten. Das langjährige Lieblingshaustier stirbt und es beginnt der Abschnitt ohne es. Ein noch nie dagewesenes Empfinden zerstört alles, was mal war. Eine Erfindung verändert die Welt. Ein Ereignis lädt zum Nachdenken ein, mit folgenreichen Konsequenzen. Eine Begegnung beeinflusst das Leben von Grund auf. Besonders illustrativ erscheint mir die Beschreibung dieses Moments in D. Kehlmanns Roman "Ruhm":
Ob sie schön war? Ich hätte es nicht zu entscheiden vermocht, ich weiß es noch immer nicht, sie war einfach sie, und ich begehrte sie eben darum so sehr, dass ich ohne Zögern ein Jahr meines, ihres, jedes Lebens gegeben hätte für das Vorrecht, sie zu berühren, und dass jener Augenblick, als ich nun wirklich, sie sog die Luft ein, meine Lippen auf ihr Schlüsselbein drückte, mein Dasein in zwei Hälften schnitt: ein Davor und ein Danach, für alle Tage.
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