05.04.07: S-Bahn-Station Zentralfriedhof. Eine Frau Ende 40 steigt etwas linkisch aus dem Waggon. Hellgrauer, knielanger Mantel, eine braun-getönte Brille auf der Nase, in der Hand ein Sträußchen kurzer Blumenstängel, an denen kleine, gelbe Blüttenblätter hängen. Sie sieht sich kurz um und schlurft dann über den Asphalt der Station; langsam, wie maschinengesteuert. Wahrscheinlich peilt sie den Friedhof an. Das Grab ihrer Mutter. Oder ihres Mannes. Ihres Kindes? Warum begleitet sie niemand, warum muss sie alleine Blumen zum Gedenken eines nahegestandenen, verstorbenen Menschen bringen? Der Zug fährt an, die Impressionen verlaufen sich in der vorbeiziehenden Landschaft. Ein paar Minuten später betrete ich die Check-In-Halle, durchschreite das erste Mal das Gate, ohne jemanden vorher zu verabschieden. Meine Sitznachbarin im Eisenvogel ist neugierig: wohin fliege ich (Holland), was mache ich da (Urlaub), wen besuche ich (jemanden). Anderthalb Stunden vergehen wie im Flug (pun intended).
12.04.07: Schwechat, Flughafen Wien. Ich komme das erste Mal von internationalem Flughafengelände auf österreichisches Staatsgebiet, ohne von jemandem willkommen geheißen zu werden. Was liegt zwischen Datum 1 und Datum 2, bin ich schon oft gefragt worden. Nur Schönes, sagt die Erinnerung. Sowas, z.B. (modifiziertes c&p aus einer Konversation): traumhaftes Wetter, nördliches Meer, grün-saftige Wiesen, wilde Dünenlandschaften, hunderte Schafe und Lämmer, traute Gemeinsamkeit, gemütliche Wohngelegenheiten, opulentes Frühstück, alte Innenstädte, Rotterdamer Hafenrundfahrt, farbenfrohe Blumenmeere, klassisch-holländische Windmühlen, Waffeln mit Staubzucker, Schlagobers und frischen Erdbeeren, lebendiges China Town, imposante Kirchen mit Restaurant drinnen, Autofähren zu einer Insel, knallrote Leuchttürme, (fast) kein Internet und Telephon, Streifzüge durch Amsterdamer Rotlichtviertel, ... - ja, man kann auch was von Holland haben, ohne die berühmten Shops zu besuchen.