Mittwoch, 31. März 2010

Die Umfallerin

Das Tier hierzulande ist in einem Ausmaß vorhanden, das meine Bedürfnisse bei weitem übersteigt. Differenzierter betrachtet lässt sich die hiesige Lage so umformulieren: das Gleichgewicht zwischen Tieren, die ich schätze, und Tieren, die ich missen kann, ist hierzulande gestört.
Tiere, die ich essen würde, gibt es in nur wenig verdaulichem Format: vom Flüchten durchtrainierte Hühnerhaxen und durch jahrelange Feldarbeit sehnig und zäh gewordenes Rindfleisch zählen zu den Hauptnahrungsmitteln für Carnivore.
Wie zum Ausgleich findet man dafür zahlreiche andere Tiere, meist kleiner und deutlich lästiger: Ameisen und winzige Spinnen ziehen in Heerscharen durch alle Teile des Hauses, vor allem über die Arbeitsflächen in der Küche (Ameisen), über den Esstisch (Spinnen) und über die Wände unseres Schlafzimmers sowie des Badezimmers (Ameisen). Essbares sollte daher gut verpackt und benutztes Geschirr rasch abgewaschen oder zumindest in Wasser ertränkt werden. Von Ameisen wie Spinnen gibt es natürlich von der Größe her nach oben praktisch keine Grenzen, glücklicherweise sind bisher noch nicht allzu viele von der letzten Sorte begegnet.
Zuviel gibt es auch von dem vielbeinigen Tier im Garten: dem Tausendfüßler. Die Größen übersteigen alles, was ich mir hätte vorher vorstellen können und je nach Wetterlage liegen sie weit zu zahlreich im Garten herum. Positiverweise sind sie sehr langsam, was ihnen aber nichts von der Ekligkeit nimmt.
Am meisten störend durch ihre Omnipräsenz sind für mich hier allerdings die Hunde. Meiner Meinung nach gibt es hier zu viele Hunde, und zwar genau einen zuviel: unseren Haus- und Hofhund, von dem ich ursprünglich dachte, er sei lediglich ein Wachhund, um den man sich nicht besonders kümmern muss. Doch unsere Hündin bedarf viel Aufmerksamkeit, denn sie ist ausgesprochen liebes- und streichelbedürftig. Eine erhobene Hand scheint ihr die Ankündigung einer Liebkosung zu signalisieren, woraufhin sich ihr Körper zur Seite legt, zu Boden fällt, sie streckt die Gliedmaßen von sich und wartet auf die streichelnde Hand - eine Umfallerin, wie sie im Buche steht. Nicht nur, dass man keine Ruhe von ihr hat - sie folgt einem in jedes Zimmer und legt den Kopf in den Schoß, die Pfoten auf die Füße, so oft es geht, um kleine Streicheleinheiten einzusammeln - nein, sie hat auch noch ein paar wirklich bedenkliche Angewohnheiten wie zum Beispiel (furchtbar) zu stinken. Über das Ausmaß des Geruchs kann man geteilter Meinung sein, ich persönlich empfinde die Ausdünstungen ihres Körpers oder Mundes, die mich bei der ersten Begegnung an alte Wildschweinsalami erinnerten, abstoßend. Sooft man seine Hand über ihr Fell streichen lässt, um die erwarteten Liebkosungen abzuliefern, wird man danach mit einer ebenso stinkenden Hand zurückgelassen. Außerdem scheint sich dieser Hund (oder alle?) permanent kratzen zu müssen, alle 5-10 Minuten hört man ein schrappendes Geräusch, das vom Schaben der Krallen der Hinterpfote an Bauch oder Ohr kommt und in mir die Vorstellung hervorruft, Hautschuppen und Flöhe en masse werden durch die Luft in alle Richtungen geschleudert. Weiters liebt sie es, ihre tägliche Hygiene (?) in Gegenwart von Menschen durchzuführen, was zu dem Resultat führt, dass man während seines Abendessens o.Ä. ein Häufchen Tier neben sich liegen hat, das mithilfe der Zunge nach Wildschweinsalami-duftenden Speichel auf alle erreichbaren Stellen inklusive Geschlechtsteile verteilt und dabei glucksend-schlürfende Geräusche macht, kurz danach folgt die wiederholte Bettelei nach Streicheleinheiten (um den Speichel dann auf Herrchen und Frauchen weiterzuverteilen?). Unpraktischerweise mochte ich schon vorher Hunde nicht besonders, seit kurzem noch weniger.

Sonntag, 28. März 2010

My Home is My Castle

36 zähle ich am ersten, 61 am zweiten Abend. Am dritten beschließen wir, doch das Moskitonetz zu benützen, obwohl es die Hitze staut und der Deckenventilator mangels Strom oftmals ausfällt. Die Fenster bestehen hier nicht aus Glas, sondern aus Moskitonetzen, dennoch benötigen wir ein weiteres Netz über dem Bett, um nächtliche Ruhe von Ungeziefer zu finden. Hier sind wir also, auf einer kleinen Insel im indischen Ozean, wo die Nacht nicht durch polternde Straßenbahnen, knatternde Automotoren oder betrunkene Nachbarn gestört wird, sondern vielmehr durch das Zirpen von Grillen, raschelndes Gras, das Quäken von Bushbabies, die sich um Passionsfrüchte im Garten streiten, durch das Meckern einer Ziege oder das Gröhlen eines Stiers, Vogelzwitschern in den frühen Morgenstunden und durch den immer wieder peitschenden Regen. Die Regenzeit hat mit unserer Ankunft hier begonnen und wenn der Regen einsetzt, dann mit voller Imposanz und Größe: es regnet nicht, sondern die Wolken öffnen sich zu Niagara-Fällen-artigen Auswürfen und verwandeln die gelbbraune Erde in fruchtbares Nass. Am Morgen danach zeugen nur noch einzelne Wasserlacken von dem nächtlichen Guss, alle Pflanzen strahlen in prächtigstem Grün auf die wieder trockene Erde hinunter. In mancher Hinsicht erinnert unser Garten an ein Paradies - er umgibt die über 100 qm große Wohnfläche mit einem grünen Gürtel aus Kokos- und Bananenpalmen, Granatäpfelsträuchern, Passionsfruchtranken, Papaya-Bäumen, Oleandersträuchen sowie zahlreichen anderen blühenden Gebüschen und Blumenbeeten. Die Wohnfläche umfasst 12 Räume: Vorzimmer/Gang, Wohnzimmer, Esszimmer, Fernsehzimmer, Arbeitszimmer, Küche, Speisekammer, 2 Schlafzimmer und 3 Badezimmer sowie einen kleinen Innenhof. Die letzte Woche wohnten wir noch mit dem ursprünglichen Hausbewohner und einem Gastfreund hier, ab morgen stehen uns die Räumlichkeiten, die zwei Fortbewegungsmittel Jeep + Motorrad sowie 4 Wachmänner und eine Zugehfrau allein zur Verfügung - uns und dem dazugehörigen Haus- und Hofhund.


Freitag, 19. März 2010

Reisevorbereitungen

Der "Oral Cholera Vaccine" kommt in Form eines Kits aus der Apotheke. Erst muss ein Natriumhydrogencarbonat-Puffer hergestellt werden, in welchen dann 10¹¹ Bakterien vermischt werden. Die Suspension aus vier verschiedenen Bakterienstämmen mit jeweils 25 Milliarden Zellen, mit salzigem Geschmack und starkem Himbeeraroma, darf dann zwei Mal im Abstand von einer Woche zu sich genommen werden, um zumindest partiellen Schutz gegen den Cholera-Erreger Vibrio cholerae zu verleihen.



Einen Schutz, den ich die kommenden 5 Monate dringender notwendig haben werde als bisher.