Märchenwald
Der Weg zur Bahnstation führt mich knapp 15 Minuten durch einen Wald, der Erdboden ist bedeckt mit Nadeln, der Pfad gesäumt mit dichtem Nadelwald, moosbedeckten Felsen, umgefallenen Bäumen und gelben Blättern. An einer Stelle geht es scharf bergab, über kleine Felsbrocken, die aus dem Erdreich schauen, steigt man mehrere Meter hinunter in eine kleine Senke, bis man schließlich am tiefsten Punkt eine kleine Holzbrücke überqueren muss, bevor man wieder hinaufsteigen kann. Da der Weg dabei eine 90-Grad-Drehung macht, sieht man beim Abstieg über die Felsbrocken nicht, was einen auf der anderen Seite der Senke erwartet und nichtsahnend, auch weil ich bisher noch nie jemanden auf dem morgendlichen Weg getroffen hatte, stolperte ich gestern durch eine nebelige Landschaft den steinigen Pfad hinunter. Unten angekommen blickte ich hoch auf den noch zu bewältigenden Anstieg und erstarrte. Wenige Meter über mir, am höchsten Punkt, mitten auf dem Weg, umgeben von der Finsternis gewaltiger Fichten stand regungslos ein weißes Pferd mit gepaarten Vorderbeinen und starrte mich unverwandt an, am Hals funkelte ein blitzendes Medaillon. Ein Einhorn!, war mein erster Gedanke, denn nichts konnte zu diesem Zeitpunkt naheliegender sein, war ich doch in einem Flecken Waldüberbleibsel, umgegeben von zahlreichen Einfamilienhäusern auf einem von Menschen angelegten Weg. Das mutmaßliche Pferd setzte sich nach wenigen Sekunden in Bewegung und entpuppte sich als ein stattlicher Hund mit einem Halsband, an welchem eine Leuchtdiode baumelte. Sein strahlendes Fell mir entgegen tragend galoppierte er den Hügel hinunter und musterte mich ein letztes Mal im Vorbeigehen neugierig, ehe er dann auf dem Weg verschwand, den ich gekommen war.
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