Donnerstag, 28. Oktober 2010

Essen mal anders

Dass die schwedische Küche derart gewöhnungsbedürftig ist, hat mich in den ersten 3 Wochen hierzulande sehr überrascht. In meiner ersten Unterkunft im September durfte ich mittags (nach Wunsch) und abends am familären Essen teilnehmen. Es gab nahezu jeden Tag mindestens einmal Fleisch, eine Auswahl: Fleischbällchen mit Salzkartoffeln, Fleischbällchen mit Spaghetti, Steak-Hamburger mit Halloumi, gegrillten Lungenbraten mit Feta und getrockneten Tomaten, Tacos mit Rindfleisch, Spaghetti Bolognese, Lachsrollen mit Fladenbrot, Käse-Paj (Pie?), Grillparties (Plural), Hühnerschenkel mit Maiskolben und Salat, Fischfilet mit Couscous, Muschelnudeln mit Specksauce, gegrillte Hühnerbrust mit Reis, Eiermuffins (bestehend aus einem Ei und Speck pro Stück, 3 Stück pro Person). Das einzige vegetarische Gericht dürfte der Käseauflauf gewesen sein, der übrigens zu 90% aus Käse bestand (10% Teigboden), sowie Ricotta-Canneloni, die ich in einem Lokal bestellte, in welchem wir ein Mal zu Abend aßen. Dafür wurde kaum Alkohol, kein Saft, sondern nur Wasser getrunken, Dessert war nicht üblich. Mittags speiste ich mit Kollegen in Lokalen in der Umgebung der Arbeitsstelle - ebenfalls Fleisch-lastig, die vegetarischen Gerichte enthielten zwar kein Fleisch, aber Fisch. Dafür sind Salat, Brot und Leitungswasser in jedem Restaurant gratis beim Essen dabei.
Im Oktober bin ich umgezogen, in eine makrobiotische, vegetarisch-vegane Küche und seitdem gewöhnt sich mein Körper an die Diätumstellung: zur Begrüßung gab es zwei Tofu-Burger aus selbstgebackenen Roggenbrötchen mit Salat und Tahini (eine Sesampaste, die offenbar zur Grundnahrung zählt), am nächsten Morgen frischgebackenes Roggenbrot (noch warm) mit selbst gemachter Apfelmarmelade oder Tahini mit Salat, dazu Tee. Abends dann eine Misosuppe, dazu Naturreis mit geschrotetem Sesammeersalz, Blumenkohl-Kartoffel-Auflauf mit Kümmel, ein Spinatähnliches Gewächs mit unbekanntem Gewürz und Kichererbsen-Azukibohnen-Salat.
In den letzten Wochen hat sich viel makrobiotische Küche dazugesellt, die wenigen, aber strengen Regeln gehorcht: alles wird schonend auf dem Herd oder im Rohr gegart, die Zutatenliste spart ungesundes Öl, Mehl, Fleisch, Eier, Milchprodukte und Zucker aus, Leitungswasser wird, egal ob für Nudel- oder Teewasser, stets vorher filtriert. Schematisch gibt es morgens immer Naturreis mit Sesam und 1-3 Gemüsearten, abends ähnliches mit Misosuppe oder einen Auflauf. Beispiele: Seetang mit Kichererbsen, Bohnen mit Karotten, Pastinaken mit Weißkraut, Rote Beete mit Erbsen, Reisauflauf mit Algen, Champignons und Fisch, Lachs mit Vollkornnudeln, japanische Suppe mit Reisnudeln, Lauch und Karotten, Buchweizen mit Spinat und Rüben, Linsensuppe, Quinoa mit Seetang und Bohnen, Hotpot mit Fisch, Tofu, Lauch, Karotten, Kraut, Bohnensuppe mit Kraut und Blumenkohl, Tofu-Buchweizen-Paté mit Senfsauce und gemischtem Gemüse.
Miso, Mehl, Brot stammen aus der eigenen Erzeugung, Gemüse und alle anderen Zutaten aus ökologischem Anbau, jede Zutat hat eine gesundheitstechnische Berechtigung, serviert zu werden (Beispiel: Sesam hat Calcium, Rote Beete hat Eisen). Trinken ist ungesund. Fett führt zu Herzinfarkt, Zucker verursacht Migräne, Milchprodukte lösen Hals- und Ohreninfektionen aus, Fleisch säuert das Blut und schwächt damit das Immunsystem. Ihre Argumente sind überzeugend: die Kinder haben noch nie einen Doktor besucht.

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