Bei meiner Nord-Süd-Umsiedlung habe ich wieder einmal das Glück herausgefordert - und gewonnen. Niemand nimmt gerne Mitbewohner auf, die man nicht zumindest minutenlang einer persönlichen Inspektion unterwerfen kann. So schrieb ich im Januar viele und noch mehr Emails, stets mit einer Schilderung meiner misslichen Lage und einer Beteuerung, wie Wienerisch und Wienliebend ich nicht in der Vergangenheit gewesen war, in der Hoffnung, damit mögliche Sorgen zu zerstreuen. Nach einer langen Reihe abweisender bzw. überhaupt keiner Antworten trudelte überaschenderweise eine gar nicht so negative, allerdings unerwartete Email ein: man bot mir auf meine Bewerbung für ein kleines, dunkles Zimmer zu akzeptablem Preis für Februar ein deutlich größeres, helles und bei weitem kostspieligeres Zimmer an, denn das andere sei schon vergeben. Ich lehnte wegen der hohen Miete sofort ab und suchte weiter. Am nächsten Tag kam wieder eine Antwort: wie viel würdest du denn zahlen? - 100 Euro weniger. - Deal. Ich konnte mein Glück kaum glauben, zog aber trotzdem Mitte Februar in ein großzügiges, vormittagssonnereiches Zimmer eines wunderschönen, gepflegten Altbaus in der wohl wienerischsten Straße Wiens (wenn man davon ausgeht, dass Mozart Salzburger ist). Nach zwei schönen Wochen in der bunten WG und dessen Umfeld sind die Tage nun gezählt, ich perfektioniere meine Kofferpacktechnik zum wiederholten Male und ziehe diesmal in einen Bezirk, mit dem ich bisher nur selten in Berührung gekommen bin. Mögen die Götter der Behausung mir ein weiteres Mal gnädig gesinnt sein!
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Sonntag, 13. Februar 2011
Alles vorbei
Alle sind Fremde und Feinde um mich. Meine Seele, sie leidet und weint, und ich fühle nur eins: Ich möcht' wieder einmal die Heimat seh'n, das Haus, die alten Bäume. Möcht' durch den stillen Garten geh'n, in der Stadt meiner Sehnsuchtsträume. Ich möcht' wieder fühlen der Heimat Duft dort fern über'm leuchtenden Meer. Ich möcht' wieder atmen Wiener Luft. Das Heimweh quält mich so sehr. Die Heimat sie ruft: Warum bleibst du hier? Komm nachhaus', komm zu mir!
Diese Arie hat lange Zeit meinen Eindruck davon, wie es ist, im Ausland zu leben und an die Heimat zu denken, beeinflusst - immer verbunden mit einer Rest-Melancholie beim Gedanken an vertraute Gefilde. Nun, da sich in Schweden verabschiedet wurde und mich viele fragten, was wirst du an Stockholm vermissen, worauf freust du dich in der Heimat, muss ich feststellen, dass es mir in keiner Weise so ging wie Lisa in der Operette "Das Land des Lächelns", oder auch Graf Tassilo in "Gräfin Mariza".
Wenn es Abend wird, wenn die Sonne sinkt, wenn der Geige Lied von der Puszta klingt, sitz ich oft allein hier bei dem Glaserl Wein, denk, wie schön wär's, bei euch jetzt zu sein. Wenn der alte Mond dort am Himmel thront, mild herunter scheint, sag' ich, 'Prost mein Freund', lieber Mond, unterbrich deinen Lauf, hör' mir zu, denn ich trag' dir was auf:
Grüss mir die süssen, die reizenden Frauen im schönen Wien. Grüss mir die Augen, die lachenden blauen im schönen Wien. Grüss mir die Donau und grüss mir den Walzer im schönen Wien. Grüss mir die heimlichen Gässchen, wo Pärchen des Abends heimwärts zieh'n. Grüss mir mein singendes, klingendes Märchen, mein Wien, mein Wien, mein Wien.
Wenn der Abendwind in den Bäumen singt von der schönen Zeitder Vergangenheit, wenn im Geist vor mir ich die Heimat seh', wird ums Herz mir so wohl und so weh. Wenn du wiederkehrst, wenn du heimwärts fährst ind das liebe Land dort am Donaustrand, wo ein Kranz grüner Berge dir winkt, wo die lieblichsten Lieder man singt:
Grüss mir die Augen, die lachenden blauen im schönen Wien. Grüss mir die Donau und grüss mir den Walzer im schönen Wien. Grüss mir die heimlichen Gässchen, wo Pärchen des Abends heimwärts zieh'n. Grüss mir mein singendes, klingendes Märchen, mein Wien, mein Wien, mein Wien.
Allerdings wurde ich auch nicht von jugendhafter Liebe geblendet oder durch Verantworungsgefühl verpflichtet gezwungen, meine Heimat Wien zu verlassen, um in China oder Ungarn meiner nächsten Bestimmung nachzujagen. Ich bin nach Schweden gegangen, um mein Glück zu finden und habe schlussendlich akzeptieren müssen, dass ich mich geirrt habe. Trotzdem fällt es mir schwer, die Entscheidung zu bereuen. Auch wenn ich viel Zeit mit Herumsitzen, Warten, Lesen, Diskutieren verbracht habe, die ich besser hätte nutzen können, komme ich nicht umhin, mit Wehmut an die Zeit im Norden zu denken, zu schön, zu freundschaftlich, abwechslungsreich und unterhaltsam bleiben mir viele Stunden in Erinnerung. Trotz Anfangsbeschwerden habe ich mich bald wohlgefühlt, viele Vorteile schätzen gelernt und ich werde vieles vermissen. Der Gedanke, wieder wegzugehen, stimmte mich erwartungsvoll und traurig zugleich. Ersteres, weil mich Unbekanntes, Neues erwartet, zweiteres, weil ich schöne Erinnerungen und Begegnungen zurücklasse.
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Mittwoch, 2. Februar 2011
Müll II
Beim Ausmisten meiner Habseligkeiten fielen mir ca. 3/4 kg gebrannte CD-ROMs/DVDs in die Hände. Wie ich es von zuhause gewohnt bin, wo die Müllabfuhr ein Händchen für gute Werbetexter hat und sich immer wieder stark bemüht, ihre Botschaft an die Bürger zu bringen, ging ich auch im umweltbewussten Schweden davon aus, dass niemand besonders glücklich ist, wenn sie im normalen Abfall landen. Also befragte ich meine schwedischen Kollegen: was macht ihr mit alten CDs? Die Erklärung, dass sie in Österreich getrennt gesammelt werden, da ein Großteil davon wiederverwertet werden kann, stieß auf allgemeines Verständnis und meine Motivation erntete viel wohlgesinntes Nicken. Der Haushaltsabfall - nein, da kommen sie sicher nicht hin. Aber niemand der befragten Personen konnte mich darüber aufklären, wohin denn sonst damit. Ich hatte das Glück, etwas später bei einer Veranstaltung der "Swedish Environmentalists" zugegen zu sein und mit der Organisatorin sprechen zu können. Ich zeigte ihr meine 750 g an CDs, erklärte, wie ich es von zuhause gewohnt war und fragte, wie dies in Schweden gehandhabt werde. Wieder erntete ich verständnisvolles Nicken, was aber darauf folgte, ist fast anekdotisch: die junge Dame gestand, dass es ihr furchtbar peinlich sei in ihrer Funktion als Umweltschützerin und Abfallbeauftragte, aber sie habe keine Ahnung, was mit den CDs anzufangen sei. Da sie allerdings diese Position innehabe, fühle sie sich für meinen CD-Müll verantwortlich und würde ihn an sich nehmen, bis ihr klar wird, was damit zu tun ist. Danke!
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