Müll I
Die schwedische Bevölkerung sieht sich als besonders umweltbewusst im europäischen Vergleich. Mülltrennung ist groß angesagt, Recycling ein Thema. So habe ich in meiner neuen, eigenen Wohnung gleich von Anfang begonnen, PET-Flaschen, Plastikbehälter, Dosen, Gläser, Altpapier etc. getrennt vom Hausmüll aufzuheben. Vor dem Haus befindet sich ein Abfallhäuschen, in dem normaler Müll und Papier entsorgt werden können. Für den Rest muss man eine Recyclingstelle, meist in einem Supermarkt gelegen, aufsuchen. Also packte ich eines schönen, sonnigen Sonntags ergo gestern das erste Mal meinen Rucksack voll mit wiederverwertbarem Müll und machte mich auf einen 15-minütigen Fußmarsch zum geographisch am nächsten gelegenen Supermarkt, durch Betonbauten, halbindustrielles Gelände, über eine Brücke, unter der Autobahnen und Eisenbahnen kreuzen, über Baustellen und Parkplätze. Immerhin lohnt sich die Reise, denn der Supermarkt wartet mit einer Dimension und Auswahl auf, die ihresgleichen sucht. Wenn man, wie ich, regelmäßig genau zwei Produktgruppen kauft, nämlich Gemüse und Milchprodukte, dann hat man quasi den schwarzen Peter gezogen: sie befinden sich in der jeweils gegenüberliegenden Ecke des Supermarktes und da er so riesig ist, dauert es ohne Einkaufswagen 1 Minute 10 Sekunden (Stoppuhr) von der Gemüseabteilung bis zum Kühlregal. Letztens, mit Müll am Rücken, suchte ich allerdings zunächst die Recyclingstelle auf. In diesem Raum befanden sich zahlreiche Container für Papier, Glas (gemischt), Haushaltsmüll, Glühbirnen, Batterien, und automatische Annahmstellen für pfandpflichtiges Gut. Nachdem ich das meiste vernünftig entsorgt hatte, blieben mir 7 Konservendosen, aber kein Container dafür. Ich hielt einer anderen Kundin meine Plastiktüte mit den Dosen unter die Nase und fragte: wohin damit? Sie blickte misstrauisch erst mich, dann den Plastiktüteninhalt an und antwortete: nicht hierhin. Ich zog die Augenbrauen hoch und fragte: gut, wohin dann? Sie wiederholte ungeduldig: nicht hier, und ging ihres Weges. Durch die besonders aufschlussreiche Antwort irritiert spielte ich kurz mit dem Gedanken, die verbleibenden Dosen einfach in den Haushaltsmüll zu befördern, aber dann setzte sich doch das gute Gewissen durch und ich machte mich auf die Suche nach einem Supermarkt-Angestellten. Schnell fand ich jemanden und hielt ihm die Plastiktüte entgegen: wohin damit? Er warf einen Blick hinein und meinte: wir haben keine Sammelstelle für so etwas. Stirnrunzelnd wollte ich fast nachfragen, aber da kam er mir zuvor: ich nehme das an mich. Sprachs und verschwand mit meiner Plastiktüte in den Tiefen des Supermarktes. Kunden- oder "Verwirrter-Ausländer"-Service?
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