Dienstag, 14. Februar 2012

Blind Date in Pieces - I

Es war eine schicksalhafte Begegnung an jenem herbstlichen Abend, dessen ersterbende Sonnenstrahlen die graue Betonwand eines hässlichen Neubaus am Rande der Stadt in goldenes Gelb tauchten. Ein Mann stand offenkundig schon eine Weile wartend in der Einfahrt und betrachtete interessiert die Kappen seiner auf Glanz polierten Schuhe. Leise schwebten rhythmische Klänge aus einer Musikanlage hinter einer schweren Eisentür hervor, welche ihm gegenüber einen Spalt offenstand, der ebenso spärlich einen Schimmer rötlichen Lichts aus dem dahinterliegenden Raum in die dichterwerdende Dunkelheit hinausließ. Als sie sich ihm näherte, von Kopf bis Fuß in schwarze Gewänder eingekleidet, so wie sie stets zu dererlei Veranstaltungen zu kommen pflegte, die überwiegend kultur- und musikinteressierte Berufstätige mit einer Vorliebe für einen entspannten Arbeitsausklang in elegantem Ambiente anziehen, erhob er hoffnungsvoll das Haupt und richtete seine Augen gespannt auf sie. Seine veränderte Aufmerksamkeit mit regungsloser Miene zur Kenntnis nehmend streifte ihr Blick seine Gestalt nur einen kurzen Moment, ehe sich ihr Gesicht zu einem Lächeln verzog. Einige Meter hinter ihm, in der Finsternis des Hintergrundes, hatte sie die Glut einer Zigarette erspäht und sogleich den Umriss einer vertrauten Person erkannt. Kurzerhand ging sie forschen Schrittes an jenem Unbekannten vorbei und begrüßte den Bekannten herzlich. Der Wortwechsel fiel ausführlicher aus als erwartet, man war einander schon längere Zeit nicht mehr begegnet. Der Unbekannte, hellhörig von Anfang an, verfolgte das zwanglose Gespräch sichtlich und spürbar mit Augen und Ohren, schien sich jedoch nicht daran beteiligen zu wollen. Schließlich, als der Beginn der Veranstaltung nur wenige Minuten entfernt war, wandte sie sich vom Bekannten ab und sprach jenen Mann dreist an: Kann es sein, dass du derjenige bist, auf den ich warte? Er stieß einen Laut aus, der wohl Erleichterung signalisieren sollte und stellte sich vor. Dann gehören wir für heute abend zusammen, beantwortete sie die eigene Frage, ohne selbst ihren Namen zu nennen, und gemeinsam betraten sie den angrenzenden Raum, der Stunden später ihre Zukunft besiegeln sollte. [...]

Samstag, 4. Februar 2012

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Ein Lied, es verfolgt mich Tag und Nacht, eine süße Melodie, voll zarter Poesie, sie hat mich um die Ruh' gebracht, und ich vergess sie nie. Oh, wie ist sie schön! Zwar nicht mondän, doch so erotisch, so wundersam exotisch, dieses Lied, von dem ich träume! A-a-a-ah...
-- So schön hörte ich noch nie diese Melodie!
Lieber Prinz! Ich danke Ihnen herzlich für dies Kompliment!
-- Oh bitte! Das höchste Kompliment darinnen heißt: du bist der Traum einer Frühlingsnacht!
Wie seid ihr anders doch als wir!
-- Was meinen Sie damit, dass wir ganz anders sind?
Sie sind wie aus einer andern Welt!
-- In meinem Wesen? In meiner Art?
Sie sind mit einem Wort: apart.
-- Ich passe nicht in Ihre Welt hinein! Es wird schon so sein, ich passe nicht in Ihre Welt hinein! Es ist schon so, ich bin sehr froh, dass ich wieder nach China gehe, fort von Europa, fort von Wien, das ich kaum wieder seh'. Bin froh, dass ich geh!
Tut denn das Scheiden nicht weh? Lassen Sie gar nichts hier zurück, wonach Sie sich sehnen?
-- Oh doch! Mein Glück!
Seltsames Glück, das so leicht man entbehrt.
-- Lächelnd entsagend, so ward uns gelehrt, wenn auch das Liebste hier zurückbleibt.
Ja, lassen Sie denn wirklich das Liebste zurück?
-- Das Liebste, ich schwör's!
Das Liebste? So nehmen Sie's mit!
-- Das ist leicht gesagt! Wer weiß, ob es will: wenn das Herz auch verblutet, die Lippe bleibt still.
Hoheit, nicht so verzagt! Ich ginge mit Ihnen bis ans Ende der Welt!
-- Sie gingen?
Wenn ich Ihr Liebstes wär'!
-- Siehst du nicht mein fremdes Gesicht? Siehst du die fremden Augen nicht?
Dich sehe ich und nur dich sehe ich!
...

Donnerstag, 2. Februar 2012

Froh zu sein bedarf es wenig

Heute vor drei Jahren, am 2. Februar 2009, es war der Tag nach dem Wochenende, ein Montag, ich erinnere mich noch ganz genau, waren meine damaligen Arbeitskollegen nicht besonders beunruhigt, dass jener vor langer Zeit erwähnte Platz hinter mir nicht besetzt war; sie war es gewohnt, lang und ausgiebig zu feiern und ebenso zu schlafen. Doch zwei Stunden und zahlreiche ins Leere laufende Telephonanrufe später war die Kollegenschaft ausreichend besorgt, um eine Delegation in ihre Wohnung zu schicken, von der Hausbesitzerin den Schlüssel zu erbeten und durch die stille, scheinbar verlassene Wohnung zu tappen, ehe man sie fand: neben ihr der Computer mit über eineinhalb Tage verteilten, unbeantworteten Chatanfragen, wo sie denn wäre und warum man sie nicht erreiche. Noch zum Jahreswechsel hatten ihre Glückwünsche Freunde erwartungsvoll gestimmt:
Os deseo todo lo mejor para este año 2009, que lo mejor del 2008 sea lo peor del 2009!!! Y si no, que por lo menos nos quedemos como estamos! :-) Feliz año nuevo!
Doch ein gutes Monat später blieb nicht mehr übrig, als ihr Schicksal wahrzuhaben und weiterzumachen, sowie schon nach dem (hier: selbstgewählten) Lebensende einer anderen Kollegin aus dem gleichen Arbeitskreis, dann auch noch nach dem ebenso freiwillig aus dem Leben gegangenen Studienkollegen einen Monat später, und, wie könnte ich es jemals vergessen, nach dem wohlüberlegten, vermutlich langgeplanten und vielgehegten Freitod des F. O.; 20-jährig schied er im sechs-Wochen-jungen Jahr 2005 aus seinem nach eigener Ansicht nicht mehr lebenswerten Leben. Die Trauer, die mich damals erfüllte, als seine Freunde und Bekannte von seiner letzten Entscheidung erfuhren, war fremd und neu, denn ich war weder noch: Im realen Leben war uns eine Begegnung verwehrt geblieben. Es ist schön zu sehen, dass der heurige Jahresbeginn im Freundes- und Bekanntenkreis positiver betrachtet und genutzt wird, es wird verliebt, verlobt und sogar geheiratet.